Werden Gegenstände – meist Grundstücke oder Betriebsvermögen – unentgeltlich
übertragen, sollen die Einkünfte beim Schenker zurückbleiben. Durch diese
„Kompromissvariante“ wird die Substanz des Vermögensguts aus der Hand gegeben.
Lediglich das Nutzungsrecht, das zur „Fruchtziehung“ berechtigt, verbleibt beim Schenker/
ursprünglichen Eigentümer.
Schenkungen gegen Nießbrauch sind ein gängiges Modell, das dazu verhilft, unter
Beibehaltung der Nutzung bzw. Fruchtziehung Substanz bereits der nachfolgenden
Generation zugänglich zu machen. Beim Schenker ist somit die Versorgung im Alter
sichergestellt, beim Beschenkten erfolgt die Übertragung der Substanz zu einem
„reduzierten“ Wert. Dies mindert dann den zu versteuernden Wert der Bereicherung, da die
Nießbrauchslast wie eine Gegenleistung vom Bruttoerwerb abgezogen werden kann.
Der spätere Wegfall des Nießbrauchs durch Zeitablauf (bei Befristung) oder mit dem Tod
des Nießbrauchsberechtigten (bei lebenslangem Nießbrauch), unterliegt nicht der
Erbschaftsteuer. Sollte der Tod in einer kürzeren Zeitspanne als in der Tabelle des § 14 Abs.
2 BewG hinterlegten Frist eintreten, ist der Schenkungssteuerbescheid von Amts wegen zu
ändern. Das wird an folgendem Beispiel deutlich: 75 Jähriger Schenker behält sich
Nießbrauch vor und stirbt nach 3,5 Jahren. Insoweit wird die ursprüngliche Berechnung, die
auf einer statischen Lebenserwartung beruht, geändert und die tatsächliche Dauer zugrunde
gelegt. Bei einem Tod nach 4 Jahren wäre keine Änderung erfolgt.
Sollte auf den vorbehaltenen Nießbrauch zu Lebzeiten verzichtet werden, um dem neuen
Eigentümer nun auch die Nutzungen zu gewähren, kann dies entweder unentgeltlich oder
entgeltlich erfolgen.
Unentgeltlicher Verzicht auf vorbehaltenen Nießbrauch
Sollte zu Lebzeiten des Nießbrauchsberechtigten auf das Nießbrauchsrecht ganz oder
teilweise unentgeltlich verzichtet werden, liegt darin eine separate Schenkung in Höhe des
Kapitalwerts zum Zeitpunkt des Verzichts vor.
Entgeltlicher Verzicht auf vorbehaltenen Nießbrauch
Entschließt sich der Nießbrauchsberechtigte zu Lebzeiten, auf das Nießbrauchsrecht zu
verzichten, weil das Grundstück verkauft werden soll, und erhält er hierfür ein Entgelt, weil
der Nießbrauchsberechtigte aber noch versorgt werden möchte, stellt sich die Frage, ob dies
ertragsteuerliche Folgen hat.
Einen derartigen Fall hatte das Finanzgericht Münster am 12.12.2023 (6 K 2489/22) zu
entscheiden. Das Gericht verneinte eine Versteuerung des Veräußerungsvorgangs, weil es
sich bei einem dinglichen Nutzungsrecht zwar um ein Wirtschaftsgut handelt, das
grundsätzlich einlage- und entnahmefähig ist und demnach unter § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
EStG fällt. Da aber zivilrechtlich ein Nießbrauchsrecht gem. § 1059 BGB kraft gesetzlicher
Regelung nicht übertragbar ist, kann ein Rechtsträgerwechsel, der ein wesentlicher Baustein
für eine Veräußerung ist, nicht vorliegen. Es liegt nur ein veräußerungsähnlicher Vorgang
vor, der von § 23 EStG nicht erfasst wird.
Da das Finanzamt gegen diese Entscheidung Revision eingelegt hat, wird hierüber auch
noch der BFH zu entscheiden haben (IX R 4/24).